A4-Heft
kariert, 40 Blatt, ohne Korrekturrand. Dazu ein gelber Einband, ein UHU-Stick,
ein kleines Geo-Dreieck, ein harter und ein weicher Bleistift, sowie ein
Kugelschreiber. Diese Einkaufsliste hat sich in mein Hirn eingebrannt, weil sie
mich zutiefst verstört hat. Es war die Einkaufsliste meiner Geographie-Professorin,
die sehr genaue Vorstellungen über die notwendige Unterrichtsausrüstung hatte
und schon in der ersten Unterrichtsstunde klarstellte, dass ein sauber
geführtes Schulübungsheft ein essentieller Teil der Benotung sein werde. Ein
Hauptgrund für meine Verstörung: Das alles spielte sich in der 6. Klasse der
AHS ab, ich war also knapp 15 Jahre alt und musste mir von meiner Lehrerin
erklären lassen, mit welchem Stift ich in welches Heft schreiben sollte, mit
welchem Klebstoff die „Schaubilder“ einzukleben sind und welche Farbe der
Schutzeinband meines Heftes zu haben hat. Im Vergleich zu vielen anderen
Fächern, in denen meine Mitschrift aus zig losen und verknitterten Zetteln
eines College-Blocks bestand, war es also in Geographie für den Lernerfolg besonders
wichtig, seine (eigenen) Mitschriften so zu führen, wie es die Lehrerin wollte.
Da es im Schulsystem manchmal offensichtlich auch nur darum geht, gehorchen zu
lernen, führte die übertrieben enge Vorstellung der Schulmaterialauswahl zu
einer anderen Erkenntnis, die mich bis heute rätseln lässt. Am Tag der
Verkündung der benötigten Schutzeinbände und Klebemittel hieß es ab ins
Papiergeschäft, um die notwendigen Dinge zu besorgen. Und wen traf man dort?
Natürlich praktisch alle meiner Schulkolleginnen und Schulkollegen, im
sprichwörtlichen Infight um die letzten gelben Einbände.

Aus diese
Anekdote kann man ein paar Punkte herausheben, zuerst ein paar kritische:
Natürlich erzählt die Geschichte das Problem eines privilegierten Schülers in
einer Wiener AHS, der problemlos ins Geschäft gehen und sich einen gelben
Einband kaufen kann, weil das weder finanziell noch organisatorisch eine
Herausforderung darstellt. Denn der darunterliegende Irrsinn trifft weniger
privilegierte Schüler/innen natürlich noch viel härter. Die Geschichte erzählt
nicht von jenen, die an dem Tag eben nicht beim Libro in der Schlange standen,
weil es für sie finanziell nicht so einfach ging, zusätzlich zur
Grundausstattung noch Sonderwünsche der Lehrer/innen zu erfüllen. Und auch
nicht von jenen, die gar nicht bis in die AHS-Oberstufe gekommen sind, weil
sie  an anderen organisatorischen,
finanziellen oder einfach willkürlichen Hürden gescheitert sind. Weil sie nicht
von ihren Eltern unterstützt wurden, wenn es ums Lernen, um Teilhabe am Schulbetrieb
oder eben ums Einkaufen von Schulmaterialien ging.

Eine dieser
Hürden ist leicht aus dem Weg zu räumen: Weg mit den versteckten Schulkosten
für alle Kinder – wenn die Schüler/innen zusätzliches Material für den
Unterricht brauchen, seien es Hefte, Zirkel, Sezierbestecke, Taschenrechner,
Werkmaterialien oder oder oder sein – dann sollen diese ausnahmslos von der
Schule zur Verfügung gestellt werden. Am Schulstandort bestellt, zentral
eingekauft, wenn möglich wieder verwendet.

Die
Arbeiterkammer hat errechnet, dass die Schulkosten pro Kind und Schuljahr rund
850 Euro betragen, allein 150 davon für Schreibmaterialien oder Ähnliches. Ich
bin der Meinung: Dafür bezahlen wir Steuern. Nämlich dafür, dass die Schule
allen Kindern Zugang zu Bildung und den dazu notwendigen Materialien
ermöglicht. Und wenn eine Lehrerin ganz spezielle Stifte, Kleber, Radiergummis
oder Hefteinbände haben will, dann möge sie sich mit ihren Kolleg/innen darüber
einig werden, statt die Einkaufsaufträge auf die Kinder und ihre Eltern
abzuwälzen.