Jetzt ist es also so weit. Die Regierung hat alle Weichen gestellt und am 24. Oktober wird im Parlament beschlossen, was Sebastian Kurz schon im Wahlkampf versprochen hat: Die Familienbeihilfe für Angehörige in anderen EU-Ländern wird indexiert. Das klingt komplizierter als es ist, daher kurz zusammengefasst: Menschen arbeiten in Österreich, bezahlen in Österreich Steuern und Abgaben, bekommen aber weniger Leistung, wenn ihr Kind nicht in Österreich wohnt. Die Begründung ist, dass man sich mit der Familienbeihilfe aus Österreich (aktuell bis zu 165€ pro Monat und Kind) ja zum Beispiel in der Slowakei mehr leisten könne als in Österreich. Und übrig bleibt: Die Ausländer bekommen weniger – die Masse jubelt.
Wir Kinderfreunde sind da schon länger dagegen. Gründe haben wir dafür genug: Weil jedes Kind gleich viel wert ist. Weil diese Menschen gleich viel einzahlen wie alle anderen Arbeitnehmer/innen, aber weniger rausbekommen. Weil die Kosten der doppelten Haushaltsführung nicht in die Berechnung einbezogen werden. Weil Kinder, deren Eltern wochenlang im Ausland arbeiten sind, schon gestraft genug sind. Weil das Leben im Burgenland auch weniger kostet als in Wien und burgenländische Familien trotzdem das gleiche bekommen wie Wiener Familien. Weil es die Bundesregierung seit 1967 nicht schafft, Kinderkosten in Österreich zu erheben und es nun plötzlich jährlich in 27 EU-Staaten machen will. Weil die Indexierung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem geltenden EU-Recht widerspricht. Weil die eingesparten 100 Millionen Euro im Vergleich zu anderen Maßnahmen im Budget eine Kleinigkeit sind – alleine der Familienbonus, der vor allem Besserverdiener/innen entlastet, kostet das 15-fache. Die Liste der Argumente gegen diese Maßnahme ist schier endlos.
Doch die Entscheidung steht – es geht der Bundesregierung hier nicht um Fakten. Es geht um eine Stimmung. Der Vizekanzler der Republik postet folgendes Bild:
Die Ausländer bekommen also weniger – die Masse jubelt. Dass es sich bei den betroffenen Familien fast ausschließlich um Osteuropäer/innen handelt und nicht um muslimische Frauen mit Kopftuch, macht noch einmal augenscheinlich, dass es hier nicht um die Wahrheit, sondern um alternative Fakten gehen muss. Wer eine jubelnde Masse noch mehr zum Jubeln bringen will, kommt scheinbar ohne das Feindbild Islam gar nicht mehr aus. Mindestens genauso schlimm ist jedoch der dahinterstehende Zynismus: Das Gesetz wird nach Einschätzung der Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren nach sich ziehen und am Ende vom EuGH aufgehoben werden. Doch ein solches Verfahren dort dauert im Schnitt 15 Monate. Bis dahin bekommen die Ausländer in Österreich weniger und die Masse kann jubeln. Wenn das Gesetz dann in ein paar Jahren tatsächlich aufgehoben wird, dann ist man einmal mehr das Opfer der bösen EU, die ihre eigenen Regeln ernst nimmt. Und als gelernter Österreicher weiß man eines aus Erfahrung: Böse Ausländer und böse EU – das ist alles, was die FPÖ braucht, um die Masse seit 20 Jahren zum Jubeln zu bringen.