Schon gehört? Bei den Kinderfreunden wird kein St. Martins- sondern ein Laternenfest gefeiert. Wegen der vielen muslimischen Kinder. Martin wurde gemeinsam mit dem Nikolo und dem Schweinsschnitzel entsorgt. Haben Sie wirklich schon gehört? Kein Wunder, es wird von der FPÖ seit Jahr und Tag frech und munter herumerzählt, dass sich Kinderfreunde und öffentliche Institutionen mit dem Verbot von Schweinefleisch und christlichen Heiligen aktiv an der Demontage der abendländischen Kultur beteiligen würden.
Für alle, die schon beim Gedanken an derartige Freveleien in Schnappatmung verfallen, geben wir gleich Entwarnung: Es gibt kein einziges derartiges Verbot in Einrichtungen der Kinderfreunde. Da haben wir alle nochmal Glück gehabt. Leider gibt es auch eine schlechte Nachricht: In unseren Einrichtungen reichen sich trotzdem nicht überall heiliger Martin und Nikolaus bei der Speckjause die Hand. Dazu vorneweg: Als Kinderfreunde begleitet uns über weite Teile unserer 110-jährigen Geschichte, dass wir allen Religionen gleich kritisch gegenüberstehen – schon in der Zwischenkriegszeit wurden die Kinderfreunde so zum Lieblingsfeind der katholischen Kirche und das ist noch milde ausgedrückt.
Doch das nur als kurzer Exkurs, es gibt nämlich einen viel wichtigeren Aspekt an der Nikolo-Laternen-Frage: Wir vertrauen unseren Pädagog/innen voll und ganz. Wir wissen, dass sie die Kinder ihrer Gruppe am besten kennen. Dass sie gemeinsam mit den Kindern und Eltern entscheiden können, was am besten passt. Und dass sie keine zentrale Verordnung brauchen, um mit ihrer Gruppe ein Fest zu feiern. Und so sind die Feierlichkeiten rund um traditionelle Feste so unterschiedlich, bunt und vielfältig wie die Kinder, die zu uns kommen: In einem Kindergarten liest man im November Geschichten über das Teilen und Solidarität, bevor man mit einer Laterne um das Haus spaziert, anderswo werden Maroni gebraten und Lieder gesungen. Im Dezember verkleiden sich in einem Haus die Kinder selbst als Nikoläuse und verteilen Nüsse und Mandarinen, anderswo hören sie es klopfen und finden Geschenke in ihren Schuhen in der Garderobe. Genau so, wie es für die Kinder am besten passt. So, dass kein Kind vor einem großen bärtigen Mann mit kinderentführenden Teufelsgefährten Angst haben muss. So, dass Werte wie Solidarität oder Gleichheit transportiert werden können.
Wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Pädagog/innen das können. Weil ihnen die Kinder wichtiger sind als politisches Kleingeld, das man mit dem Lamentieren über ein vermeintliches Nikoloverbot und damit einhergehenden Untergang des Abendlands vielleicht auf dem Rücken der Kinder wechseln kann. Sie sehen die Kinder und ihre Eltern jeden Tag und widmen sich ihren Wünschen, Fragen und Ängsten. Sie wägen täglich ab, welche Methoden, welche Symbole und welche Maßnahmen in der Gruppe am besten funktionieren und allen Kindern die bestmögliche Entfaltung ermöglichen. Sie planen das Programm, diskutieren es mit Eltern, vertreten es vor den Kindern. Es wäre vermessen, ihnen den Nikolaus oder das Laternenfest zu verbieten. Es wäre genauso vermessen, ihnen vorzuschreiben, ob und wie sie es machen müssen. Sie treffen ihre Entscheidungen im besten Wissen und Gewissen. Und im Zentrum ihrer Überlegungen stehen weder das christliche Abendland noch die politische Lügenmaschinerie der FPÖ. Im Mittelpunkt stehen die Kinder. Am 11. November, am 6. Dezember und an jedem anderen Tag im Jahr.