Heute ist
Weltmädchentag. Er fällt in eine Zeit, in der die Notwendigkeit nicht
wegzuleugnen ist: Männer auf der ganzen Welt, vom Supreme Court der USA bis zu
einem Craft Beer Shop in Wien belästigen Frauen weiterhin völlig ungestraft,
die #metoo-Bewegung legt systematische Einschüchterung und sexuelle Übergriffe
offen, zeitgleich machen erschütternde Befunde von Frauen die Runde, was sie
alles täten, wenn es eine Ausgangssperre für Männer gäbe
(https://bit.ly/2pPnkUA). Kurz: Frauen und Mädchen leiden auch heute massiv
unter männlich geprägten Strukturen und Männern, die sie ausnützen.

An der Stelle
fällt mir aus unerfindlichen Gründen der US-Präsident Donald Trump ein. Nach
besonders ungustiösen Wochen rund um die Bestätigung des US-Höchstrichters
Brett Kavanaugh  hat er etwas gesagt. Die
entwürdigenden Vorgänge rund um Kavanaugh sind übrigens ein anschauliches
Beispiel dafür, warum sich Millionen Frauen nicht trauen, über Übergriffe und
Belästigungen zu sprechen, aber das nur am Rande. Trump hat etwas gesagt. Das
ist jetzt nichts Besonderes, er sagt sehr oft Dinge und meistens sind diese
Dinge rassistisch, sexistisch, homophob, ausländerfeindlich oder einfach nur
dumm. Diese Sache war aber besonders dumm. Er hat nämlich gesagt, es sei „eine
schwere und beängstigende Zeit für junge MÄNNER in den USA“. Im Angesicht all
dessen, was ich vorher beschrieben habe, das Kavanaugh-Hearing, den
Sigi-Maurer-Prozess und die unzähligen Berichte von Frauen und Mädchen, die
Übergriffe, Belästigungen, Vergewaltigungen und so vieles mehr erleben, kann
man darüber nur den Kopf schütteln. Und man kann langsam aber sicher den
Glauben an die Menschheit verlieren, wenn Menschen wie er in Machtpositionen
sitzen.

Ich sage
jedoch etwas, was ich wahrscheinlich in der Form nie wieder sagen werde:
Präsident Trump hat irgendwie recht. Es ist eine beängstigende und schwierige
Zeit für junge Männer. All die Berichte über Übergriffe, die es in den letzten
Monaten in die Öffentlichkeit geschafft haben, die beschreiben kein Frauen-,
sondern ein Männerproblem. Es ist keine Diskussion darüber, wie Frauen sich
verhalten müssen, damit ihnen so etwas nicht angetan wird oder wie sie sich
verhalten müssen, wenn es ihnen schon angetan wurde. Es ist eine Debatte
darüber, wie Männer ihre Macht und ihre Privilegien ausnützen, um mit allen
möglichen Schweinereien davonzukommen. Die Hemmschwelle dafür sinkt täglich,
wenn man sieht, welch erfolgreiche Karrieren trotz Übergriffen,
Herabwürdigungen und jeglichen anderen sexistischen Ausfällen noch möglich sind.
Wir werden mit diesem Thema heute öfter konfrontiert als früher und ich hoffe
inständig, dass die Einblicke in die Unerträglichkeit dieses Systems für alle
Männer so beängstigend sind wie für mich. Ich hoffe, dass ihnen das Mannsein
genauso schwer fällt, wenn sie in die Augen jener blicken, die sich keiner
Schuld bewusst sind, weil es ja nur „ein Kompliment“, „ein kleiner Klaps“ oder
„eine Gefälligkeit“ gewesen sei. Es ist beängstigend und schwer für mich als
Mann, auch nur einen kleinen Einblick darauf zu bekommen, womit Frauen und
Mädchen Tag für Tag konfrontiert sind.

Heute ist
Weltmädchentag und oft erklärt man den Mädchen hier, dass sie stark sind, sich
nicht unterkriegen lassen sollen und frech und wild und wunderbar sein sollen –
doch mir reicht das nicht. Frauen und Mädchen sollen das sein können was sie
wollen: stark oder verletzlich, frech oder brav, wunderbar oder ätzend. Ich
möchte eine Welt, in der Mädchen und Frauen nicht vorgeschrieben wird, wie sie
sein sollen. In der sie auch nicht dauernd stark sein müssen, um die
Grauslichkeiten zu ertragen, die auf sie einprasseln. In der sie die Achtung
erfahren, die jeder Mensch verdient: Die Möglichkeit sich selbst zu entfalten,
dorthin wo man will – ohne Angst und ohne Zwang mit allen Chancen und Rechten.
Das zu erkämpfen, geht uns alle an. Fröhlichen Weltmädchentag!